Geplante Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2022 auf die Abschreibungen von Wohnimmobilien sowie erbschaft- und schenkungssteuerliche Bewertung von Immobilien

Autor: Arnd Schulte-Umberg

 

Der Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG-E 2022), wird wohl noch in diesem Jahr verabschiedet.  Der Entwurf sieht auch Änderungen und Neuerungen mit Bezug auf Immobilienbesitz vor. Ggf. besteht in einigen Fällen in diesem Jahr deshalb noch Handlungsbedarf.

 

Nachfolgende Ausführungen beruhen auf dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10.10.2022 (BT-Drs.20/3879) und stehen unter dem Vorbehalt von Anpassungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren.

 

Änderungen sind bei der Gebäude Abschreibung geplant:

 

Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG kann die Gebäude-AfA bisher in begründeten Ausnahmefällen, abweichend zu dem typisierten AfA-Satz, nach einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer bemessen werden. Diese Ausnahmeregelung soll aufgehoben werden, um Bürokratieaufwand zu vermindern und Ungleichbehandlungen zu vermeiden. Denn in der letzten Zeit häuften sich die Bemühungen von Steuerpflichtigen, durch Gutachten die kürzere Nutzungsdauer eines Wohngebäudes nachzuweisen um so einen höheren AfA-Satz als bisher zu erzielen.

 

Daher soll der lineare AfA-Satz für neue Wohngebäude von 2 Prozent auf 3 Prozent angehoben werden. Die aus dem Ansatz des höheren pauschalen AfA-Satzes resultierende kürzere Abschreibungsdauer von 33 Jahren habe aber keinen Einfluss auf die Beurteilung der tatsächlichen Nutzungsdauer von Wohngebäuden. Diese werde regelmäßig auch mehr als 50 Jahre betragen. Diese Regelung soll ab VZ 2023 für nach dem 30.6.2023 erstellte Wohngebäude gelten.

 

Übergangsregelung: AfA weiterhin nach kürzerer Nutzungsdauer möglich, soweit diese zulässigerweise bereits für das KJ 2022 oder das vor 1.1.2023 endende WJ vorgenommen wurde.

 

Anpassung der Parameter zur schenkungs- und erbschaftsteuerlichen Bewertung von Immobilien:

 

Da die Erbschaft- und Schenkungsteuer eine Stichtagssteuer ist und die Änderungen für Stichtage nach dem 31.12.2022 gelten sollen, ist zu prüfen, ob eine Schenkung von Immobilien noch bis zum 31.12.2022 vorteilhaft ist.

Die steuerliche Bewertung von Immobilien auf einen Bewertungsstichtag ist für unterschiedliche Immobilien in verschiedenen Bewertungsverfahren im Bewertungsgesetz (BewG) geregelt. Es kann alternativ auch der Nachweis eines niedrigeren Verkehrswertes mittels Sachverständigengutachten vorgelegt werden.

 

Nach dem Bewertungsgesetz ist der steuerliche Wert von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie von Teil- bzw. Wohnungseigentum nach dem Vergleichswertverfahren zu ermitteln. Der Wert von Mietwohngrundstücken (ab 3 WHG) sowie von Geschäfts- bzw. Mischgrundstücken ist mit ermittelbarer ortsüblicher Miete nach dem Ertragswertverfahren zu ermitteln. Sind keine Vergleichswerte vorhanden oder keine ortsübliche Miete ermittelbar, ist das Sachwertverfahren anzuwenden.

Der Gesetzgeber plant Anpassungen pauschaler Wertfaktoren des BewG im Ertrags-wertverfahren, im Sachwertverfahren und bei der Bewertung in Erbbaurechtsfällen an aktuelle Marktentwicklungen und an die Immobilienwertermittlungsverordnung aus dem Jahr 2021.

In Fällen des Vergleichswertverfahrens sind erst einmal keine Änderungen vorgesehen. Die relevanten Vergleichswerte/-faktoren (abgeleitet aus Verkaufsfällen der Mikrolage) werden von den regional zuständigen Gutachterausschüssen ermittelt und der Bewertung zu Grunde gelegt. Sind jedoch keine Vergleichswerte/-faktoren vorhanden (z.B. im ländlichen Raum), erfolgt eine Bewertung im Sachwertverfahren, womit die geplanten Änderungen wieder relevant werden könnten.

Geplante Änderungen im Sachwertverfahren

Der Sachwert setzt sich aus dem Bodenwert des Grundstücks und dem Gebäudesachwert zusammen. Die Summe aus beiden Größen wird mit einer Wertzahl zum Sachwert multipliziert. Der Bodenwert wird anhand des aktuellen Bodenrichtwertes des individuellen Grundstücks ermittelt (einsehbar z.B. bei BORIS NRW), der Gebäudesachwert aus indexierten pauschalen Normherstellungskosten abgeleitet. Aufgrund der in den letzten Jahren erheblich gestiegenen Bodenrichtwerte, haben diese große Auswirkungen auf den Sachwert. Der Gebäudesachwert hat einen geringeren Anteil zum Gesamtwert. Dieses Verfahren bleibt unverändert. Die finale Wertzahl ist vom regionalen Gutachterausschuss zu erfahren. Werden keine Wertzahlen ermittelt, sind pauschale Wertzahlen des Bewertungsgesetzes zu verwenden. Die pauschalen Wertzahlen sollen aber nach dem JStG-E 2022 ab dem 01.01.2023 um rund 20% angehoben werden. Ist also auf Ihre Immobilie das Sachwertverfahren anzuwenden und werden keine individuellen Wertzahlen vom Gutachterausschuss ermittelt, wird die steuerliche Bewertung ab dem 01.01.2023 höher ausfallen.

Geplante Änderungen im Ertragswertverfahren

Mehrfamilienhäuser und Geschäfts- bzw. Mischgrundstücke, bei denen eine ortsübliche Miete ermittelbar ist, werden im Ertragswertverfahren bewertet. Hier bildet der individuelle gestiegene Bodenwert des Grundstücks ebenfalls die Bewertungsgrundlage. Hinzu addiert wird der Gebäudeertragswert, der aus der um die Bodenwertverzinsung (Bodenwert * Liegenschaftszins) und die Bewirtschaftungskosten geminderten Netto-Kaltmiete des Objekts kapitalisiert wird. Je höher die Bodenwertverzinsung bzw. der Liegenschaftszins, desto geringer der Gebäudeertragswert! Für die Bodenwertverzinsung sind die relevanten Liegenschaftszinssätze beim regionalen Gutachterausschuss zu erfahren. Werden keine ermittelt, sind die pauschalen Liegenschaftszinssätze des Bewertungsgesetzes (heute für ein MFH bspw. 5%) heranzuziehen. Diese pauschalen Liegenschaftszinssätze sollen laut JStG-E 2022 ab dem 01.01.2023 herabgesetzt werden. Für ein Mehrfamilienhaus sind dann bspw. 3,5% anzusetzen.

Die Ermittlung von pauschalen Bewirtschaftungskosten, die anzusetzen sind, wenn keine individuellen Kosten nachgewiesen werden, wird auch modifiziert. Die angepassten pauschalen Liegenschaftszinssätze werden jedoch die größeren Auswirkungen haben.

Ermittelt der zuständige Gutachterausschuss für Ihr Objekt keinen anwendbaren Liegenschaftszinssatz, wird die Bewertung ab dem 01.01.2023 höher ausfallen. Der Effekt hängt jedoch stark von den Bodenwerten, deren zukünftiger Ermittlung und den individuellen Objektmieten ab.

Insgesamt wäre also zu prüfen, ob bei geplanten größeren Schenkungen von Immobilienvermögen noch Handlungsbedarf bis zum Jahresende besteht, um ggf. die zukünftige Steuerbelastung zu senken.