Kann Schenkung eine steuerpflichtige Veräußerung sein?

Werden Anteile an einer vermögensverwaltenden Immobilien-Personengesellschaft verschenkt, stellt sich einkommensteuerlich die Frage, ob die Schulden der Personengesellschaft als Teilentgelt für die Anteilsübertragung anzusehen ist. Die Beantwortung dieser Frage hat eine hohe praktische Relevanz, da, wenn man die Frage bejaht, jede Schenkung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Immobilien-Personengesellschaftals auch als steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft zu beurteilen wäre, wenn die Personengesellschaft ihre Immobilie fremdfinanziert hat und die Zehnjahresfrist des § 23 EStG noch nicht abgelaufen ist.

Das Finanzgericht Köln hatte im Jahr 2018 die Frage zu entscheiden, ob sich im Fall des Erwerbs eines Anteils an einer vermögensverwaltenden GbR die für die Abschreibungen maßgeblichen Anschaffungskosten des Erwerbers bezüglich der zu beurteilenden erworbenen Vermögensgegenstände der Gesellschaft anteilig um die bestehenden Schulden der Gesellschaft erhöhen. Das Finanzgericht Köln hat diese Betrachtung abgelehnt und entschieden, dass die Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO bei Erwerb von Anteilen an einer vermögensverwaltenden GbR nicht dazu führt, dass die hierdurch mittelbar erfolgende Übernahme der Schulden der Gesellschaft eine zusätzliche Gegenleistung für den Erwerb des Anteils oder der Vermögensgegenstände der Personengesellschaft darstelle. Insoweit hat das Finanzgericht Köln die vermögensverwaltende Personengesellschaft einer gewerblichen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft)  gleichgestellt und die betrieblichen Schulden als unselbstständigen Bestandteil der übertragenen betrieblichen Sachgesamtheit ( Personengesellschaftsanteil) gewertet.

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, die der Bundesfinanzhof (BFH) im letzten Jahr entschieden hat. Der BFH ist der Ansicht, dass die Schulden einer vermögensverwaltenden GbR nach einem (entgeltlichen) Anteilserwerb anteilig die für die Abschreibungen maßgeblichen Anschaffungskosten des Erwerbers erhöhen, soweit sie den mittelbar erworbenen Wirtschaftsgütern unmittelbar zugeordnet werden können. Denn wirtschaftlich finanziere der eintretende Gesellschafter einen Teil der Anschaffungskosten für die mittelbar erworbenen Wirtschaftsgüter über die Gesellschaft. Der BFH vergleicht den Fall mit dem unmittelbaren Erwerb eines Einzelwirtschaftsgutes, bei welchem es keinen Unterschied macht, ob der Erwerber bestehende Verpflichtungen übernehme oder ob er dem Veräußerer die zur Rückführung der Schulden erforderlichen Mittel zusätzlich bezahle. Daher könne nichts anderes bei einem (entgeltlichen) Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden GbR gelten.

Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass auch bei der Übertragung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden GbR im Schenkungswege das Vorhandensein von Gesellschaftsschulden zur Annahme eines entgeltlichen Geschäftes führt mit der Folge, dass ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG zu versteuern ist, wenn für den Schenker die Zehnjahresfrist noch nicht abgelaufen ist.

Ob diese Grundsätze auch gelten, wenn es sich nicht um eine vermögensverwaltende GbR, sondern um eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG handelt, hat der BFH nicht zu entscheiden gehabt. In der Steuerrechtsliteratur gibt es Stimmen, die das Vorhandensein von Gesellschaftsschulden dann nicht als Veräußerungsentgelt qualifizieren wollen. Andere Stimmen wollen ebenso wie die Finanzverwaltung bei dieser Frage keinen Unterschied machen, egal ob es sich um eine vermögensverwaltende GbR oder eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG handelt. Insoweit ist größte Vorsicht geboten, wenn Anteile an vermögensverwaltenden Personengesellschaften vor Ablauf der Zehnjahresfrist des § 23 EStG im Schenkungswege übertragen werden sollen.

Autor: Karlheinz Meschede