Steuerbürger können die steuerlichen Konsequenzen ihres Handelns im Vorhinein rechtssicher abklären lassen, indem sie bei ihrem Finanzamt eine verbindliche Auskunft einholen. Der wesentliche Vorteil liegt darin, dass die Ämter an diese Auskunft gebunden sind, so dass Steuerbürger Rechts- und Planungssicherheit erhalten. In Zeiten komplexer Steuergesetze, in denen sich die steuerlichen Konsequenzen bestimmter Gestaltungen nicht mit hundertprozentiger Gewissheit voraussagen lassen, ist die verbindliche Auskunft daher ein wertvolles Instrument.
Diese Rechtssicherheit kostet allerdings Geld: Die Finanzämter erheben für die Bearbeitung von verbindlichen Auskünften eine Gebühr, die sich vorrangig nach dem Gegenstandswert der Auskunft richtet. Kann ein solcher Wert nicht bestimmt oder geschätzt werden, berechnen die Ämter eine Zeitgebühr von 50 EUR je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Sofern ein Antrag auf verbindliche Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung zurückgenommen wird, können die Finanzämter die Gebühr ermäßigen.
Nach dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) ist hierbei wie folgt vorzugehen: Hat das Finanzamt noch nicht mit der Bearbeitung des Antrags begonnen, muss die Gebühr auf null reduziert werden. Hat das Finanzamt bereits mit der Bearbeitung des Antrags begonnen, ist der bis zur Rücknahme des Antrags angefallene Bearbeitungsaufwand „angemessen“ zu berücksichtigen und die Gebühr anteilig zu ermäßigen.
Die zweite Fallgestaltung „Rücknahme nach Bearbeitungsbeginn“ hat nun den Bundesfinanzhof (BFH) in einem Fall beschäftigt, in dem eine Gesellschaft eine verbindliche Auskunft zur steuerlichen Entstrickung von Wirtschaftsgütern beantragt hatte. Das Finanzamt stieg in die komplexe rechtliche Prüfung ein, sprach sich hierbei mit Mittel- und Oberbehörden ab und führte eine Besprechung mit dem Antragsteller durch. Nachdem 156 Arbeitsstunden in die Bearbeitung eingeflossen waren, nahm die Gesellschaft ihren Antrag zurück. Das Finanzamt zog den Gegenstandwert der Auskunft von 30 Mio. EUR heran und berechnete daraus eine Gebühr von 109.736 EUR. Aufgrund der Antragsrücknahme ermäßigte es die Gebühr aber um 10 % auf „nur“ noch 98.762 EUR. Diese Ermäßigung errechnete das Amt, indem es die bereits geleisteten 156 Arbeitsstunden zu den noch ausstehenden zehn bis 15 Arbeitsstunden ins Verhältnis setzte, die zur endgültigen Entscheidung über den Antrag noch erforderlich gewesen wären. Die Gesellschaft klagte gegen diese Berechnung und vertrat die Auffassung, dass nach den Regeln der AEAO nur die Zeitgebühr von 100 EUR pro Stunde, somit insgesamt 15.600 EUR, abgerechnet werden dürften.
Der BFH gab jedoch dem Finanzamt recht und urteilte, dass die Gebühr nach der AEAO nicht generell auf die Zeitgebühr begrenzt werden muss. Vielmehr ist der Bearbeitungsaufwand nach Gerichtsmeinung auch dann „angemessen“ berücksichtigt, wenn das Finanzamt die Wertgebühr – wie im vorliegenden Fall – lediglich im Verhältnis des bisherigen zum noch ausstehenden Bearbeitungsaufwand proportional reduziert.