Wer seinen Betrieb veräußert und sich vom Erwerber im Gegenzug wiederkehrende Bezüge (z.B. eine Leibrente) zahlen lässt, kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgendes Wahlrecht ausüben:
- Sofortbesteuerung: Er kann den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn sofort versteuern. In diesem Fall sind der Freibetrag für Betriebsveräußerungen und ein ermäßigter Steuersatz anwendbar. Als Veräußerungsgewinn ist dann der Unterschiedsbetrag zwischen dem Barwert der Rente (vermindert um etwaige Veräußerungskosten) und dem Buchwert des steuerlichen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Veräußerung des Betriebs anzusetzen. Die in den Rentenzahlungen enthaltenen Ertragsanteile stellen dann zudem sonstige Einkünfte dar.
- Zuflussbesteuerung: Alternativ kann der Veräußerer die sogenannte Zuflussbesteuerung wählen und damit die anfallenden Steuerzahlungen zeitlich strecken. Er darf die Rentenzahlungen dann als nachträgliche Betriebseinnahmen behandeln. In diesem Fall entsteht erst dann ein Gewinn, wenn der Kapitalanteil der wiederkehrenden Leistungen das steuerliche Kapitalkonto des Veräußerers zuzüglich etwaiger Veräußerungskosten des Veräußerers übersteigt. Der in den wiederkehrenden Leistungen enthaltene Zinsanteil stellt bereits im Zeitpunkt des Zuflusses nachträgliche Betriebseinnahmen dar.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass das für Betriebsveräußerungen geltende Wahlrecht auch ausgeübt werden kann, wenn ein Unternehmer seinen Betrieb aufgibt und nur die betrieblichen Wirtschafsgüter gegen wiederkehrende Bezüge veräußert.
Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Frau ihren Handwerksbetrieb im Jahr 2013 aufgegeben und die betrieblichen Wirtschaftsgüter gegen Zahlung einer lebenslangen monatlichen Rente von 3.000 EUR an eine GmbH veräußert. Das zuständige Finanzamt vertrat die Auffassung, dass in diesem Fall zwingend die Sofortbesteuerung gilt. Es ermittelte daher einen Aufgabegewinn, der auch den Barwert der Leibrente umfasste. Die Frau zog bis vor den BFH und erstritt sich dort das Wahlrecht zur Anwendung der Zuflussbesteuerung.
Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass im Fall einer Sofortbesteuerung und eines frühen Todes des Veräußerers mehr versteuert werden muss, als dem Veräußerer tatsächlich zugeflossen ist. Die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung eröffnet vor diesem Hintergrund das Wahlrecht zur zeitlich gestreckten Zuflussbesteuerung. Auch bei einer Betriebsaufgabe mit gleichzeitigem Verkauf betrieblicher Wirtschaftsgüter liegt es im Interesse des Veräußerers, für die Veräußerung nicht mehr Einkommensteuer zahlen zu müssen, als er nach Maßgabe der tatsächlich zugeflossenen Rentenzahlungen müsste. Auch ihm muss daher das Wahlrecht eingeräumt werden.