Kleinere Photovoltaikanlagen: Liebhabereiantrag und aktuelle Anwendungsfragen

Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 29.10.2021 (BStBl 2021 I S. 2202) eine überarbeitete Vereinfachungsregelung für kleine Photovoltaikanlagen und vergleichbare Blockheizkraftwerke veröffentlicht. Danach wird durch die Finanzverwaltung ohne weitere Prüfung unterstellt, dass ein einkommensteuerlich unbeachtlicher Liebhabereibetrieb vorliegt, wenn der Betreiber innerhalb einer bestimmten Frist erklärt, dass er die Vereinfachungsregelung in Anspruch nehmen möchte. Zu beachten ist, dass dieses Antragswahlrecht nur die einkommensteuerliche Gewinnerzielungsabsicht und nicht das Umsatzsteuerrecht betrifft. Das heißt, der Betreiber kann trotz Liebhabereibetrieb gleichwohl Unternehmer sein und hat ggf. den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Anlage (ggf. Kleinunternehmerregel beachten).

Der Antrag ist nur bei einer bestimmten Leistungsgröße der Anlage möglich. Diese ist antragsteller-/betriebsbezogen zu prüfen. Bei Ehegatten kann damit jeder Ehegatte die Vereinfachungsregel in Anspruch nehmen, wenn die Gesamtleistung der von ihm betriebenen Photovoltaikanlage(n) 10,0 kW/kWp nicht übersteigt. Daneben können Ehegatten für eine gemeinsam betriebene Photovoltaikanlage bis 10,0 kW/kWp ebenfalls die Vereinfachungsregelung in Anspruch nehmen. Dabei bezieht sich die Grenze von 10,0 kW/kWp auf die Summe der Photovoltaikanlagen des jeweiligen Betreibers, d.h. alle Photovoltaikanlagen oder Blockheizkraftwerke eines Steuerpflichtigen oder Betreibergemeinschaft werden als einheitlicher Gewerbebetrieb angesehen.

Grundsätze der Vereinfachungsregelung:

  • Der erzeugte Strom darf neben der Einspeisung in das öffentliche Stromnetz ausschließlich in zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen verbraucht werden.
  • Diese Voraussetzung wird auch von Photovoltaikanlagen erfüllt, deren erzeugter Strom für die Aufladung eines privat genutzten Elektro-Pkw (vermutlich auch und noch zu klären bei Dienst- oder Geschäftswagen), z.B. per Wallbox genutzt wird
  • Wird der produzierte Strom ausschließlich in das öffentliche Netz eingespeist, ohne dass es zu einer Eigennutzung des produzierten Stroms kommt, ist gleichwohl die Vereinfachungsregelung anwendbar
  • Vorsicht ist geboten bei Mehrfamilienhäusern, denn bei Mehrfamilienhäusern, bei denen einzelne Wohnungen auf Dauer vermietet werden, wird der produzierte Strom oftmals in das öffentliche Netz eingespeist, für eigene Wohnzwecke und für die Allgemeineinheiten (Treppenhaus, Keller, Heizungsanlage) genutzt. Bei Nutzung für die Allgemeinheit dürfte es zur Versagung der Anwendung der Vereinfachungsregelung führen.
  • Bei leerstehenden Objekten soll es auf die zukünftig geplante Nutzung des erzeugten Stroms ankommen.

Maßgebliche Antragszeitpunkte:

  • Bei sogenannten Altanlagen, deren Inbetriebnahme nach dem 31.12.2003 und vor dem 31.12.2021 liegt, ist der Antrag bis zum 31.12.2022 zu stellen (Ausschlussfrist).
  • Bei sogenannten Neuanlagen, die nach dem 31.12.2021 in Betrieb genommen werden, ist der Antrag bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraums zu stellen, der auf das Jahr der Inbetriebnahme folgt.

Der Antrag wirkt auf zurückliegende Veranlagungsjahre zurück; diese sind zu ändern, sofern dies verfahrensrechtlich möglich ist.

Sollte der Steuerpflichtige sich für die Vereinfachungsregel entscheiden, wäre zu prüfen, ob die ansonsten wegfallenden Kosten der Ingangsetzung und Pflege der Anlage (Arbeitslohnkosten) bei eigengenutzten Objekten im Rahmen der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen im Haushalt nach § 35a EStG geltend gemacht werden können. Sofern umsatzsteuerlich ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen wird, sind bei Anwendung des § 35a Abs. 3 EStG die Nettoaufwendungen, ansonsten die Bruttoaufwendungen anzusetzen.

Maßnahmen im Zusammenhang mit einem Neubau sind von der Förderung ausgeschlossen. Eine nachträglich installierte Anlage nach Gebäudefertigstellung dürfte begünstigt sein, außer es erfolgt eine öffentliche Förderung z. B. durch KfW.

Über die Vorteile- und Nachteile des Antrags auf Liebhabereibetrieb oder Anwendung der Kleinunternehmerregel beraten wir Sie gerne.

Autor: Arnd Schulte-Umberg