In den zurückliegenden Jahren gab es einige Fälle, in denen Steuerpflichtige ihre Darlehensverträge aufgrund einer fehlenden Widerrufsbelehrung widerriefen. Dies führte zu einer Rückabwicklung des Darlehensvertrags. Die Bank erhielt dann den Darlehensbetrag zurück und der Darlehensnehmer die bisher gezahlten Zinsen und Tilgungen. Da die Bank in der bisherigen Laufzeit des Darlehens mit den Tilgungsraten wirtschaften konnte, wird in der Regel ein Nutzungsersatz zwischen den Parteien vereinbart. Das Finanzgericht Hessen (FG) musste entscheiden, wie dieser Nutzungsersatz steuerlich zu behandeln ist.
Die Klägerin hatte mit ihrer Bank im Jahr 2006 einen Darlehensvertrag geschlossen. Nach erfolgtem Widerruf verglichen sich die Parteien in 2017 auf die Rückzahlung einer „Vorfälligkeitsentschädigung“ und auf die Zahlung eines „Nutzungsersatzes“ an die Klägerin. Alle sonstigen Ansprüche aus dem Darlehen sollten durch den Vergleich abgegolten sein. Die Bank erteilte eine Steuerbescheinigung mit dem Nutzungsersatz als Kapitalertrag. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung beantragte die Klägerin die Berücksichtigung der von der Bank bescheinigten Kapitalertragsteuer. Zwar kam das Finanzamt dem nach, berücksichtigte jedoch auch Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Die hiergegen gerichtete Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehört auch der Nutzungsersatzanspruch eines Darlehensnehmers, wenn das Darlehen rückabgewickelt wird und die Bank als Ersatz für Nutzungsvorteile nach dem Widerruf einen Vergleichsbetrag zahlt. Wie der Rückzahlungsbetrag aufgeteilt wird, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die von der Klägerin geforderte Aufteilung des im Vergleich bezeichneten Nutzungsersatzes auf mehrere Positionen kommt deshalb nicht in Betracht, weil der eindeutige Wortlaut und die Systematik des getroffenen Vergleichs dem entgegenstehen. Nutzungsersatz und Nutzungsherausgabe bilden keine wirtschaftliche Einheit. Die Klägerin hat auch nicht überzeugend dargelegt, dass keine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt. Entgegen ihrer Ansicht handelt es sich beim Nutzungsersatz nicht um die Rückgewähr von Aufwendungen der privaten Lebensführung.
Hinweis: Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.