Pflichtteilsansprüche: Auskunftsanspruch besteht auch nach Ausschlagung der Erbschaft

Das Gesetz sieht vor, dass einem Pflichtteilsberechtigten, der durch Enterbung zu seinem Pflichtteil kommt, Auskunftsansprüche gegen den Erben zustehen, um seine Anspruchshöhe ermitteln zu können. Ob dies auch für einen Pflichtteilsberechtigten gilt, der erst durch eine Erbschaftsausschlagung zum Pflichtteil kommt, wurde bislang unterschiedlich beurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste im folgenden Fall entscheiden, ob einem pflichtteilsberechtigten (Mit-)Erben auch nach Ausschlagung der Erbschaft noch ein Auskunftsanspruch gegen den Miterben zusteht.

Worum ging es in dem konkreten Fall? Nachdem der Erblasser im Jahr 2015 verstorben war, hat ein Miterbe die Erbschaft für sich und seine Kinder nach dem Tod des Erblassers ausgeschlagen und später seine Pflichtteilsansprüche von 12.000 EUR an seine Stieftochter abgetreten. Der Ausschlagende forderte seinen Bruder, der zugleich auch Testamentsvollstrecker war, erfolglos zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses auf.

Der BGH ging – wie schon das Oberlandesgericht zuvor – davon aus, dass dem Ausschlagenden ein Auskunftsanspruch gegen den Erben zustehe. Es sei nicht einzusehen, warum der als Erbe eingesetzte Pflichtteilsberechtigte, der die Erbschaft ausschlage, zwar den Pflichtteil verlangen könne, ihm aber – anders als dem enterbten Pflichtteilsberechtigten – kein Auskunftsanspruch zustehe. Der Testamentsvollstrecker ist daher verpflichtet worden, Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen.

Hinweis: Im Rahmen der Auskunft ist ein Verzeichnis zu erstellen, aus dem sich alle aktiven Vermögenswerte und alle Verbindlichkeiten ergeben. Der Pflichtteilsberechtigte muss in die Lage versetzt werden, seinen Anspruch beziffern zu können.